Faktencheck:
Was sind klinische Studien?
Was sind klinische Studien überhaupt, wie laufen sie ab – und was bedeuten Fachwörter wie randomisiert oder doppelblind? Hier findest du Antworten.
Als klinische Studie bezeichnet man eine wissenschaftliche Untersuchung, die die Sicherheit, Verträglichkeit und Wirksamkeit eines neuen Medikaments oder einer neuen Behandlungsmethode bei Menschen auf die Probe stellt. Dies dient auch dazu, unsere bereits zugelassenen und angewandten Krebstherapien – also den aktuellen medizinischen Standard – fortlaufend zu hinterfragen. Und natürlich möglichst zu verbessern.
Länger besser leben
Bei der Bewertung eines neuen Wirkstoffes bzw. einer neuen Behandlungsform geht es den WissenschaftlerInnen aber nicht nur darum, das Leben von Erkrankten zu verlängern. Mittlerweile schaut man auch darauf, ob damit und wie die Lebensqualität der PatientInnen verbessert wird.
Wer führt Studien durch?
Klinische Studien werden von verschiedenen Organisationen und Einrichtungen durchgeführt. In der Regel sind das pharmazeutische Unternehmen, Forschungseinrichtungen in Kliniken, akademische Institutionen oder auch Regierungsbehörden, Wissenschaftsverbünde und gemeinnützige Organisationen.
Wer kann an klinischen Studien teilnehmen?
Das vorweg: Nicht jede onkologische Studie ist für jeden Patienten oder jede Patientin geeignet. Die Auswahl von Teilnehmenden erfolgt nach strengen Regeln bzw. den sogenannten Ein- und Ausschlusskriterien. Diese legen genau fest, welche jeweiligen Voraussetzungen die Teilnehmenden erfüllen müssen. Das ist von Studie zu Studie unterschiedlich, aber auch von Studienphase zu Studienphase.
Ein- und Ausschlusskriterien können beispielsweise die Art und das Stadium der Krebserkrankung sein, aber auch vorherige Behandlungen, Begleiterkrankungen oder regelmäßig eingenommene Medikamente der Teilnehmenden. Zum Ausschluss eines Teilnehmenden könnte zum Beispiel eine eingeschränkte Nierenfunktion führen, wenn noch nicht bekannt ist, wie ein neues Medikament beim Menschen ausgeschieden wird.
Diese strengen Kriterien schützen nicht-geeignete Menschen vor Risiken – und sorgen dafür, dass Studien überhaupt aussagekräftig sind.
Freiwillige vor!
Ganz wichtig: Ob du an einer klinischen Studie teilnimmst, ist selbstverständlich immer freiwillig. Und du bestimmst auch, wie lange du teilnehmen möchtest. Ein Ausstieg ist jederzeit möglich.
Wie läuft eine klinische Krebsstudie ab?
Wenn du überlegst, ob du an einer onkologischen klinischen Studie teilnehmen möchtest, ist es wichtig, dass du die verschiedenen Phasen kennst, in die sie meistens eingeteilt sind. Denn für jedes einzelne Stadium ist ein anderes Ziel definiert und gelten andere Bedingungen.
Erst, wenn eine Phase erfolgreich mit einem positiven Ergebnis abgeschlossen ist, kann mit der nächsten begonnen werden.
Wie lange dauert eine Studie?
Das ist tatsächlich ganz unterschiedlich und reicht von ein paar Monaten bis zu mehreren Jahren. Oft schließt sich an die eigentliche Studiendauer noch eine Nachbeobachtungszeit mit Kontrolluntersuchungen an.
Gut zu wissen: Auch, wenn die klinische Studie längst abgeschlossen ist und zum Beispiel ein Medikament bereits auf den Markt gekommen ist, können und sollten Nebenwirkungen und Begleiterscheinungen gemeldet werden. Nur so erfahren die herstellenden Firmen von etwaigen Problemen oder wichtigen Hinweisen – und können entsprechend reagieren.
In der ersten Phase einer klinischen Studie wird der neue Wirkstoff nur an einer sehr kleinen Gruppe von etwa zehn bis 30 KrebspatientInnen getestet, bei denen die Erkrankung schon weit vorangeschritten ist. Man untersucht, wie der Körper den neuen Wirkstoff aufnimmt und verarbeitet. Ziel ist, eine sichere Dosis und die beste Verabreichungsform zu finden.
In Phase 1 ist die beste Dosis eines Präparats noch nicht definiert, deshalb könnten hier vermehrt Nebenwirkungen auftreten. Aber: Die Teilnehmenden werden engmaschig begleitet, um schwere Nebenwirkungen sehr früh zu erkennen und sie zu vermeiden.
Wichtig zu wissen: Sollte sich herausstellen, dass ein neuer Wirkstoff mehr schadet als nutzt, wird die Studie sofort abgebrochen.
Hierfür werden bereits etwas mehr KrebspatientInnen aufgenommen, etwa 30 bis ein paar hundert Teilnehmende. Wer teilnehmen kann, wird anhand von strengen und klar definierten Ein- und Ausschlusskriterien entschieden.
Im Vordergrund steht in Phase 2 vor allem, herauszufinden, wie wirksam ein Medikament oder Therapieansatz bei bestimmten Arten von Krebs ist. Gleichzeitig wird weiterhin die optimale Dosierung und die Verträglichkeit untersucht.
Für diese Phase benötigt man eine große Gruppe an teilnehmenden KrebspatientInnen. Das können mehrere hundert bis Tausende sein. Solche Phase-3-Studien werden deshalb manchmal auch parallel an mehreren Standorten und in verschiedenen Ländern durchgeführt.
Die Untersuchungen finden unter möglichst praxisnahen Bedingungen statt und haben das Ziel, die langfristige Wirksamkeit und Sicherheit des Arzneimittels zu untersuchen. Der neue Therapieansatz wird dabei mit den bereits verfügbaren Krebsmedikamenten bzw. -therapien, dem sogenannten Standard of Care (SOC), verglichen. Wichtig zu wissen: In der Regel wird in dieser Phase der Studien also nicht mehr gegen Placebos, also gegen unwirksame Wirkstoffe, getestet, sondern gegen die aktuell beste Standardtherapie. Und: Häufig erhalten die PatientInnen ein sogenanntes „Cross-over“. Das bedeutet: Schreitet der Krebs trotz der Standardbehandlung fort oder verschlimmert sich, bekommt der oder die Teilnehmende ebenfalls das neue, zu testende Medikament. Studienteilnehmende müssen also keine Angst haben, dass im Namen der Forschung eine Verschlechterung ihres Gesundheitszustands in Kauf genommen wird.
Ist die Phase-3-Studie abgeschlossen, erfolgt anhand der Studienergebnisse die Entscheidung über eine Zulassung des neuen Therapieansatzes bzw. Medikaments.
Nach der Zulassung wird mit einigen tausend Teilnehmenden eine Phase-4-Studie durchgeführt, um weiterhin die Wirkung und die Sicherheit des Arzneimittels zu untersuchen.
Dabei versucht man zum einen, so früh wie möglich gegebenenfalls auftretende, langfristig entstehende Komplikationen zu entdecken. Zum anderen will man seltene Neben- und Wechselwirkungen mit anderen, gleichzeitig eingenommenen Medikamenten ausschließen.
Klartext, bitte: Fachbegriffe kurz erklärt
Beim Lesen über klinische Studien wirst du sicherlich immer wieder über dieselben Fachbegriffe stolpern. Hier erklären wir die wichtigsten.
Eine Blindstudie ist eine Art klinischer Studie, bei der die Teilnehmer nicht wissen, ob sie das neue Medikament oder die Standard-Behandlung erhalten, oder ein Placebo (eine unwirksame Substanz).
In einer Doppelblindstudie wissen weder die Teilnehmenden noch die Forschenden, welche Gruppe das Medikament erhält und welche das Placebo, also die unwirksame Substanz.
Die fortlaufende Überwachung und Bewertung der Teilnehmenden nach Abschluss einer klinischen Studie, um langfristige Effekte und Ergebnisse zu bewerten.
Eine kontrollierte Studie ist eine Art klinischer Studie, bei der eine Gruppe von Teilnehmenden die zu testende Behandlung erhält, während eine vergleichbare Gruppe eine andere Behandlung oder ein Placebo erhält. Der Zweck ist es, den Effekt der Behandlung objektiv zu bewerten, indem sie mit einer Kontrollgruppe verglichen wird. In nicht-kontrollierten Studien fehlt die Kontrollgruppe. Diese nennt man dann Beobachtungsstudien.
Multizentrisch bedeutet, dass eine Studie an mehreren Standorten oder Zentren gleichzeitig durchgeführt wird, um eine größere und vielfältigere Teilnehmergruppe zu erreichen und die Ergebnisse zu verallgemeinern.
Ein Placebo ist eine Substanz oder Behandlung, die keine aktive medizinische Wirkung hat. In klinischen Studien werden Placebos verwendet, um die Wirkung einer wirklichen Behandlung zu untersuchen. Sie werden der sogenannten Kontrollgruppe verabreicht, während die andere Gruppe die tatsächliche Behandlung erhält.
Randomisiert heißt so viel wie „zufällig“. Die Teilnehmenden solcher Studien werden also nach dem Zufallsprinzip einer Behandlungsgruppe zugewiesen, um eine Verzerrung zu vermeiden und die Zuverlässigkeit der Ergebnisse zu erhöhen.
Die strukturierte Planung und Organisation einer klinischen Studie, einschließlich Auswahl der Teilnehmenden, Behandlungsprotokolle und Auswertungsmethoden.